Am letzten Wochenende erreichten uns im Waldeingangshaus aufgeregte Meldungen: „Ein kleines Lamm, ein Kitz, ein Reh, liegt ganz alleine mitten im Gras … Da muss dringend jemand kommen und etwas unternehmen.“
Es ist schön, wenn Menschen aufmerksam sind, es ist auch schön, wenn sie sich Sorgen machen- in diesem Fall jedoch unbegründet.
Und in diesem Fall wäre es schön, wenn der Mensch sich feinfühlig zurückhält...
Bei den vermeintlichen Lämmern und Kitzen handelt es sich um Kälber, die derzeit in unserem Rotwildrevier zur Welt kommen.Das gefleckte Jungtier läuft bei Gefahr nicht weg, sondern „drückt sich“ und versucht mit Hilfe seiner hellen Flecken in und mit der Umgebung zu verschwimmen.
Gerade beim Rotwild besteht zwischen dem Kalb und dem Muttertier eine überaus enge Bindung- sie sind stimmlich und auch „geruchlich“ aufeinander geprägt.
Ein vermeintlich verlassenes Kalb steht sogar über ein geruchliches Band mit der Mutter in Verbindung. Das wachsame Alttier beobachtet das Kalb zudem aus der Ferne.Wer hier als Mensch „dazwischen stapft“, um sich "zu kümmern" (oder um schicke Selfies zu machen), kann einiges in dieser wertvollen „Mutter- Kalb- Beziehung“ unwiederbringlich zerstören.
Dabei hat die Natur doch eigentlich an alles gedacht:Tarnflecken, kaum Eigengeruch des Jungtieres und nur ein vereinzeltes Aufsuchen des Kalbes zum Säugen- um nicht unnötig Feinde darauf aufmerksam zu machen.
Also nochmals die eindringliche Bitte: Bleibt, wie es auf den zahlreichen Hinweisschildern steht, unbedingt auf den Wegen!
Nähert euch den Kälbern nicht, geht zügig daran vorbei, und vor allem, fasst sie nicht an. Sie sind nicht verlassen und nicht verwaist.
Sie benötigen glücklicherweise keine Hilfe.
Das Alttier kümmert sich und wir sollten die Aufzucht ihres Nachwuchses ihr überlassen – sie kann es wirklich am besten.
Vielen Dank!